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Grundbegriffe
Wird Kapital vorübergehend zur Verfügung gestellt, so erhält man als Gegenleistung sogenannte Zinsen. Es handelt sich dabei üblicherweise um einen prozentualen Anteil des zur Verfügung gestellten Kapitals. Zur konkreten Berechnung der Zinsen sind im Laufe der Zeit verschiedene Modelle entstanden, welche nachfolgend erläutert werden.
Unterscheidungen
Man unterteilt Zinsen anhand verschiedener Gesichtspunkte:
  • Einfache Zinsen und Zinseszinsen: Für die Berechnung von einfachen Zinsen wird stets nur das ursprünglich zur Verfügung gestellte Kapital herangezogen. Beim Zinseszinsmodell werden hingegen auch die bereits erhaltenen Zinsen verzinst, wodurch sich ein exponentieller Anstieg ergibt. Eine ausführliche Gegenüberstellung befindet sich in diesem Kapitel.
  • Ganzjährige Zinsen und unterjährige Zinsen: Bei ganzjährigen Zinsen erstreckt sich der Verzinsungszeitraum über ein ganzes Jahr. Bei unterjährigen Zinsen erfolgen mehrere Verzinsungen pro Jahr (z. B. semesterweise oder monatlich). Eine genaue Erläuterung dieser Modelle erfolgt in den Kapiteln Ganzjährige Zinseszinsen und Unterjährige Zinseszinsen.
  • Dekursive Zinsen und antizipative Zinsen: Bei der dekursiven Verzinsung wird für die Berechnung der Zinsen das Anfangskapital herangezogen. Die Zinsen werden am Ende der Zinsperiode gutgeschrieben. Diese Art der Verzinsung ist beispielsweise bei Sparbüchern, Konten oder Krediten üblich. In den nachfolgenden Kapiteln werden ausschließlich dekursive Zinsen betrachtet.
    Bei der antizipativen Verzinsung werden die Zinsen bereits am Beginn der Zinsperiode aufgeschlagen und es wird für die Berechnung des momentanen Werts das Endkapital herangezogen. Verwendung findet die antizipative Verzinsung beispielsweise bei einem sogenannten Wechsel. Hierbei verpflichtet man sich, zu einem späteren Zeitpunkt einen gewissen bereits verzinsten Betrag zu zahlen.
Barwert und Endwert
Den ursprünglichen Wert des Kapitals bezeichnet man als Barwert. Im Kontext der Zinsrechnung wird hierfür in mathematischen Formeln die Variable $K_0$ verwendet. Sie soll den Wert des Kapitals zum Zeitpunkt 0, also am Beginn der Verzinsung, symbolisieren.
Als Endwert bezeichnet man den Wert, den das Kapital am Ende eines bestimmten Verzinsungszeitraums hat. Man verwendet dafür in mathematischen Formeln die Variable $K_n$, wobei $n$ für die Anzahl der Jahre steht. Wird das Kapital beispielsweise fünf Jahre lang verzinst, so würde man für den Endwert die Variable $K_5$ verwenden.
Zeitachse
Komplexere Zahlungsmodelle, bei denen im Laufe der Zeit mehrere Ein- und Auszahlungen erfolgen, können grafisch auf einer sogenannten Zeitachse dargestellt werden. Diese entspricht im Wesentlichen einem Zahlenstrahl, auf welchem die Jahre aufgetragen werden. Einzahlungen werden durch Pfeile dargestellt, welche von unten in Richtung der Zeitachse zeigen. Auszahlungen werden durch Pfeile dargestellt, welche von der Zeitachse weg nach oben zeigen. Ist die Größe der Zahlungen bekannt, so wird diese zum entsprechenden Pfeil dazugeschrieben. Ansonsten wird der Pfeil mit einer Variable beschriftet. Gelegentlich wird auch die Pfeillänge an die Höhe der Zahlung angepasst (größere Zahlungen erhalten längere Pfeile).
Beispiel 1
Jemand borgt sich heute 7500 € aus. Es wurde vereinbart, dass in zwei Jahren 3000 € zurückgezahlt werden, in vier Jahren ebenfalls 3000 € zurückgezahlt werden und in sechs Jahren die restliche Schuld beglichen wird. Dieser Sachverhalt soll auf einer Zeitachse dargestellt werden. Das Ergebnis sieht folgendermaßen aus:

Die Auszahlung des Kredits wird als Pfeil gezeichnet, welcher von der Zeitachse weg zeigt. Die drei Rückzahlungen sind hingegen zur Zeitachse ausgerichtet. Da die Höhe der dritten Rückzahlung unbekannt ist, wurde hierfür die Variable $R$ (Rest) verwendet.
Zinstage
Für die Berechnung der Zinsen ist es notwendig, zu wissen, welcher Zeitraum für die Verzinsung herangezogen wird. Dabei gelten folgende Richtlinien:
  • Jedes Monat besitzt 30 Tage und jedes Jahr besitzt 360 Tage.
  • Die Tage der Einzahlung und der Auszahlung werden nicht berücksichtigt.
  • Der Beginn der Verzinsung ist der erste Werktag nach der Einzahlung.
  • Eine Auszahlung kann nur an einem Werktag erfolgen.
Beispiel 2
Es soll die Anzahl der Zinstage ermittelt werden, wenn die Einzahlung am 14. Februar 2018 (Mittwoch, kein Feiertag) und die Auszahlung am 24. Mai 2018 (Donnerstag, kein Feiertag) erfolgte.
Da der 14. Februar selbst nicht zum Verzinsungszeitraum zählt, bleiben für den Februar noch $30-14=16$ Tage übrig. Der Mai trägt mit 23 Tagen zum Verzinsungszeitraum bei, da der Tag der Auszahlung nicht dazu zählt. Die beiden ganzen Monate März und April werden jeweils mit 30 Tagen gezählt. Somit umfasst der Verzinsungszeitraum insgesamt $16+2\cdot 30+23=99$ Tage.
Äquivalenzprinzip
Grundsätzlich können verschiedene Zahlungsströme nicht einfache durch Addieren der einzelnen Zahlungen verglichen werden, da aufgrund der Verzinsung nicht nur die Höhe der Zahlungen sondern auch deren Zeitpunkt entscheidend ist.
Das Äquivalenzprinzip besagt, dass zum Vergleich verschiedener Zahlungsströme alle Zahlungen auf einen gemeinsamen Bezugszeitpunkt auf- bzw. abgezinst werden müssen, bevor sie addiert werden können. Dieser Bezugszeitpunkt kann grundsätzlich frei gewählt werden. Durch sinnvolle Wahl kann die Rechnung jedoch oft deutlich vereinfacht werden.
Um einen Zahlungsstrom $K$ um $n$ Jahre nach vor zu verzinsen (auch „aufzinsen“ genannt), wird $K\cdot (1+i)^n$ verwendet. Um einen Zahlungsstrom $K$ um $n$ Jahre zurück zu verzinsen (auch „abzinsen“ genannt), wird $K\cdot (1+i)^{-n}$ verwendet.
Beispiel 3
Jemand borgt sich heute 7500 € aus. Als Zinssatz wurden 8 % vereinbart. Außerdem wurde vereinbart, dass in zwei Jahren 3000 € zurückgezahlt werden, in vier Jahren ebenfalls 3000 € zurückgezahlt werden und in sechs Jahren die restliche Schuld beglichen wird. Es soll berechnet werden, wie groß diese Restschuld ist.
Eine Zeitachse dieses Sachverhalts befindet sich im Beispiel 1 dieses Kapitels. Als Bezugszeitpunkt ist hier der Beginn sinnvoll. Aufgrund des Äquivalenzprinzips müssen alle auf den Beginn abgezinsten Rückzahlungen 7500 € ergeben. Man erhält somit folgende Gleichung: \begin{equation} 7500=3000\cdot 1{,}08^{-2}+3000\cdot 1{,}08^{-4}+R\cdot 1{,}08^{-6} \end{equation} Durch Lösen dieser Gleichung ergibt sich als Restschuld $R\approx 4320{,}89$ €.
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