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Gemischte Verzinsung
Die im vorigen Kapitel beschriebene theoretische Verzinsung ist zur heutigen Zeit relativ einfach zu berechnen. Dennoch wird beispielsweise bei Sparbüchern in der Praxis eine andere Berechnungsmethode verwendet. Dies hat historische Gründe: Potenzen mit rationalen Exponenten (also Wurzeln) können zwar mit dem Taschenrechner problemlos berechnet werden. Früher war dies jedoch eine große Herausforderung. Daher beschränkte man sich auf das Berechnen von Potenzen mit ganzzahligen Exponenten. Heute wird diese Methode als gemischte Verzinsung bezeichnet.
Konkret werden die nicht vollendeten Jahre am Beginn und am Ende des Verzinsungszeitraumes linear verzinst (also mit einfacher Verzinsung). Die vollen Jahre dazwischen werden mit der Zinseszinsformel behandelt. Durch die Mischung beider Varianten entstand auch der Name dieser Verzinsungsmethode. Die Formel für den Endwert sieht folgendermaßen aus: \begin{equation*} K_n=K_0\cdot \left(1+i\cdot \tfrac{t_1}{360}\right)\cdot (1+i)^n\cdot \left(1+i\cdot \tfrac{t_2}{360}\right) \end{equation*} Dabei sind $t_1$ und $t_2$ die Zinstage am Beginn und am Ende des Verzinsungszeitraumes und $n$ ist die Anzahl der vollen Jahre dazwischen.
Beispiel 1
Am 7. Mai 2015 (Donnerstag, kein Feiertag) wurden 3200 € als Barwert eingezahlt, wobei der Zinssatz konstant 1,2 % p. a. beträgt. Es soll mithilfe der gemischten Verzinsung ermittelt werden, welcher Endwert am 23. März 2020 (Montag, kein Feiertag) verfügbar ist.
Aus dem vorherigen Kapitel sind die Werte $t_1=233$ Tage, $t_2=82$ Tage und $n=4$ Jahre bereits bekannt. Diese werden in die Endwertformel der gemischten Verzinsung eingesetzt: \begin{equation} K_n=3200\cdot \left(1+0{,}012\cdot \tfrac{233}{360}\right)\cdot 1{,}012^4\cdot \left(1+0{,}012\cdot \tfrac{82}{360}\right)\approx 3391{,}70\,€ \end{equation} Bei dieser Berechnungsmethode beträgt der Endwert 3391,70 €. Zum Vergleich: Bei der theoretischen Verzinsung betrug das Ergebnis 3391,60 €.
Man erkennt, dass die Ergebnisse bei theoretischer Verzinsung und bei gemischter Verzinsung geringfügig voneinander abweichen. Für die meisten Zwecke ist dieser Unterschied jedoch nicht von Bedeutung, weshalb oft auf die einfachere theoretische Verzinsung zurückgegriffen wird. Tatsächlich ist es immer so, dass bei der gemischten Verzinsung ein höherer Wert resultiert. Bei Sparbüchern kann man es somit als Vorteil betrachten, dass Banken noch immer diese historische Methode verwenden (bei Krediten ist es hingegen ein Nachteil). Man kann diese Tatsache anhand folgender Abbildung erklären:

Hier wird ein Kapital von 1000 € ein Jahr lang mit 80 % p. a. verzinst. Der obere Graph entspricht der einfachen Verzinsung (lineares Wachstum). Der untere Graph entspricht dem Zinseszinsmodell (exponentielles Wachstum). Für Zeiträume, die kürzer als ein Jahr sind, hat der lineare Verlauf immer einen größeren Wert. Da bei der gemischten Verzinsung die beiden unvollständigen Jahre linear verzinst werden, resultiert somit ein größerer Wert als bei der theoretischen Verzinsung.
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